Vom Notwendigen und den Angeblichkeiten / 9

Das Lob des Gewöhnlichen führt zum zeitweiligen Schweigen
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Nach einem Amen ist ein bisserl Schweigen ganz sinnreich. Also ziehen sich die zwei Gefährten auf dem Signet ihrer Nachsinnseite in sich und ihre Ambivalenzen zurück, fechten da keinen Zwist aus wortlos, aber lauschen hinein in den ganzen Weltenmüll, der in die Beiden einströmte und da sie nicht mit einer seine eigene Großartigkeit und Singularität feiernden „Feierwohl“ ausgestattet sind, sondern ihr selbst verordneter Auftrag das Schauen der Welt war, ist und sein wird inklusive offenstehender Türen, muß man das mit zeitweiligen Absens und trotz eventuell möglichen Bedeutungsverlust tragen können ohne zu murren. Theoretisch. Um die Zerrissenheit vor der Nase einschätzen zu können, ist man gut beraten, hinter die eigene Stirn zu blicken und dies gelingt wortlos besser als dauerplaudernd. Vielleicht arbeitet ein jeder der zwei Gefährten an seiner Erzählung, an einem Monolog, den man sich – wir werden davon hören und lesen – irgendwann gegenseitig vorliest. Der eine mag heißen: „Warum ich lernte einen angedrohten Weltuntergang zu lieben!“, der andere könnte den Titel tragen: „Ich möchte einer von der Stange sein!“ So hören wir – Prolog zur Pause – mal hinein.
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Der Reim zum Tag / IX a
Ich möchte einer von der Stange sein
Neben vielen gleichen Hemden hängen
Ich möchte gar nicht so besonders sein
Und täglich an die Spitze drängen
Ich möchte nicht wie ALLE ALLE dieses EINE sein
Und lemminggleich mich singularisieren
Ich will nicht täglich vor dem Egoschrein
Meine Wertigkeit erregiert durchdeklinieren
UFF
Bin nicht mein eigner Puff
Ich möchte eine Kirche
vielleicht auch nur ein Dach
Als wäre ich der Weisheit letzter Schrei
Mich gibt’s millionenfach
Noch
Doch nicht in lauter Horde
Nein gerne auch allein
Und doch gemeinsam sein
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(Aus Gründen der Parität und eingeforderter Diversität ein Blick auf’s andere Vorwort.)
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Der Reim zum Tag / IX b
Welt geht unter
Froh und munter
Sitze ich
Am Nierentisch
Ein toter Fisch
Gelegentlich
Und bohr in meiner Nase
Die depressive Phase
Dann wird getanzt
Grell laut japanisch
Gestern war’s noch Tokio
Zukunft Zukunft froh nur froh
Keine Bremse Gaspedal
Manisch manisch scheißegal
Zerissen
Vermissen wird die Welt mich nicht
Doch ich die Welt
Vielleicht
Schon morgen
…..
(Zum Sendeschluß hören wir alle die Nationalhymne! Pssst! Sie dürfen sitzenbleiben!)
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Vom Notwendigen und den Angeblichkeiten / 8

Über das Ende des Anfangs oder andere Ungewißheiten
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Wir kennen diese Behältnisse von Friedhöfen, wo man flaniert um Ruhe zu finden und sich der eigenen Kleinheit und Endlichkeit bewußt zu werden. Manchmal um alte Weggefährten zu besuchen. Meist wird in jenen Behältern entsorgt, was eine Zeit lang Gräber zierte im Dienste öffentlicher Erinnerung und da Erinnerung manchmal schneller modert als der Grabschmuck, entsorgt man den schnell und dezent. Man mag edle Kranzspender ja nicht bloßstellen in diesen Tagen der Fensterreden. Doch die Frage sei zulässig: wie sind die zwei Gefährten und dazu noch der ominöse Bär mit seinem entleerten Geldbauchfach hier gelandet? Gibt es Konsequenzen? Rücktritte gar? Abgänge? Morde? Weia, oh weia! Hören wir rein:
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„Wo sind wir, Mahler?“
„Irgendwie weg vom Fenster wie mir dünkt, Budnikowski!“
„Warum, weshalb, wo, wann, wie, was und wozu?“
„Aha, die sieben großen WEH! Sollte man immer beantworten können, bevor man eine Bühne betritt!“
„Tut doch keiner mehr!“
„Man munkelt von Zeiten, da ein Mime – egal in welchem Gewerbe – dies tat! Es gar eingefordert wurde!“
„Vermute dem heutigen Ichling auf zwei Beinen ist dies Zumutung!“
„Bingo!“
„Und warum liege ich hier auf einem fremden Bärenoberschenkel rum?“
„Weiß auch nicht!“
„Strafe? Schuld? Zu renitent, zu laut, zu langweilig, zu alt geworden?“
„Der Lauf der Dinge, Meister Lampe!“
„Seit wann ist Ihro Wanstigkeit Defätist?“
„Hallo, verglichen mit dem Zusatzbär bin ich Twiggus Klosterhalfen von und zu Wieseck!“
„Auch richtig! Weshalb also?“
„Nach dem Winterschlaf ist vor der Frühjahrsmüdigkeit!“
„Und was macht ihr entfernter und immer noch definitiv schweigender entfernt Verwandter hier?“
„Der war die eigentliche Grabbeilage. Wir waren nur Passanten, dies als Paar!“
„Wozu?“
„Das Geld in seinem Bauch?“
„Aber Penunze hilft doch niemandem mehr in diesen Tagen. Das Zeug daxelt sinnfrei vor sich hin und schwimmt dann davon!“
„Das ist auch gut so!“
„Wie meinen? Und jetzt liegen wir hier rum bis ans Ende aller Tage? Ich bin kein Kletterer, eher ein engagierter Ebenenhoppler! Holen Sie mich hier raus?“
„Mich sah man gelegentlich schon auf Bäumen rumturnen, doch heute bin ich zu müde!“
„Mein Gott, Mahler! Verharren wir nun geduldig auf dem Müllhaufen der Geschichte!“
„Eventuell ist es lediglich der Friedhof der Kuscheltiere! Lassen Sie mich etwas ruhen, bester Freund!“
„Mahler! Hallo! Mahler! Bär! Bär vom Brandplatz! Genosse! Scheiße! Das gibt es doch nicht! Weia! Na ja! Schöne Blumen links von uns!“
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(Einwurf des lange verschollenen Säzzers: “Beep, beep, beep! Beim letzten Ton des Zeitzeichens war es circa fünfzehn Uhr, fünfundfünfzig Minuten und paar Sekunden.”)
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Der Reim zum Tag / VIII
Ist’s schon zu Ende
Spuck in die Hände
Oder die Tatzen
Hebe die Pfoten
Sag dem Piloten
Dein Fallschirm hat Löcher
Noch und nöcher
Bleib erstmal liegen
Laß die Eiligen siegen
Und nicht bekriegen den Fluß
Das ist Stuß
Gehe zu Fuß
Schritt für Schritt
Singe ein Lied
Auch wenn sich das nicht reimt
Auf Deinen Wunsch
Zieh keinen Flunsch
Gegen die Welt
Zwischen den Resten
Liegen die besten
Gedanken und Reime
Auch wenn die Schleimer
Dies nicht vermuten
Wir müssen uns sputen
Wollen wir langsam werden
Hier auf Erden
Unser
Amen
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Vom Notwendigen und den Angeblichkeiten / 7

Über das Wohlfeile bei der Pöhlerei und allgemein auch
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„Herr Kuno von Lippstadt – Budnikowski zu Datteln?“
„Ne wat ne Zeittunnelreise! Man spricht mich mit vollesten Namen mal wieder an! Aber hier, hömma Bär, da durchblicke ich Ihren durchsichtige Absichten!“
„Na ja, Sie hatten schon manchesmal wütend durchgeschnauft an diesem Wochenende!“
„Da kannse sicher sein. In meine geschwollenen Hälse kannse locker drei Kickpillen versenken tun ohne dat da wat aufträgt! Aber vielleicht isset auch nur die resignierende Lunge, die quietschen tut!“
„Also?“
„Nix iss. Mit die Pöhlerei bin ich durch. Dat war nur noch letzte Bestätigung, wat da am Samstach im Süden herumschickerierte. Und am Ende vonnem komplett durchgeknallten Februar ein in alle Hinsichten am Zusatztach unnötige Appendix in Sachen weiter voranschreitende Komplettverblödigung.“
„Hegen Sie Symphatien? Dieses kollektive Rumhüpfen im Regen da unten?“
„Feichheit iss dat und vonne unglaubliche Wohlfeilheit! Da kannse sicher sein, wenn der FC Nordösterreich nur eine Kiste versenkt hätte und die Schwatt – Gelben deren sechse, dat dat Kalle ‘Superliga’ Rolex sicher nicht auffem Rasen sein gönnerhaftes Betroffenheitsballett abgespult hätte. Und die Kurvenheiopeis hätten ihre Fähnchen schön inne Innereien gelassen. Und wat brauchste eigentlich drei Stufen umme Veranstaltung abzupfeifen? Erste Mal inne Fresse iss ‚DuDuDu’? Zweite Mal mal iss ‚ohne Abendessen inne Heia’? Und dat dritte Mal? Auffe Intensiffstation werden wir handeln? Glaub ich dat? Widerstand ohne dat Du entweder Risiko eingehst oder dafür bezahlen wollen willst, vergiß et! Wat da rumgelogen wird in diesem Gewerbe! Dat wird ja bestenfalls vonnem ein oder andere Musentempel getoppt, wenn ich den Ehrenwerten Ernst Albert zitieren dürfen darf!“
„Tja, eine Gelddruckmaschinerie dreht sich stets um sich selbst!“
(Einschiebung: Kaum hatte der unter dem medialen Radar hin und herHOPPelnde Lütten Stan obiges gepostert, klapperte zwei Stunden später ein Führungsmedium hinterher. Hihihi! Was sagt etzet au de Bundesschalträger JoLö us Friburg do derzu?)
„So isset!“
„Und wer sitzt da zwischen uns?“
„Vielleicht sind dat die letzten Reste vom Lütten Stan! Oder der Schatten vom Mann mit die Mütze!“
„Romantiker!“
„Wat willse machen, wenn vor Deine trüben Augen die Kettensäge namens ‚Weiter, immer weiter’ nich zur Ruhe kommen tut!“
„Ja, wahrscheinlich muß der Aufrechtgeher langsam wieder lernen mehr aufzuheben als wegzuschmeißen!“
(Der ehemals als Lütten Stan Benannte räuspert sich und verschluckt einen Großteil seiner ehemaligen Identität. Ein übelriechender Rülpser bleibt zurück. Eine Rolex bleibt ultra genau stehen. Viel zu laute Pause. Dann ruhig weiter.)
„Geschätzter Gefährte Mahler, so werden wir ab morgen uns den wirklichen und wichtigen Dingen zuwenden?“
„Zumindest dies versuchen!“
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Der Reim zum Tag / VII
(heute nur ein Zitat)
„Ich frage mich nicht,
ist das auch neu genug?
Ich frage mich:
Was will ich damit?“
(Barry Kosky / Regisseur)
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Vom Notwendigen und den Angeblichkeiten / 6

Altius, Citius, Fortius oder die Leiber wehren sich gegen weitere Übungen
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Auch wenn der Bär Archibald Mahler im Gegensatz zu etlichen staatsschleppenden Aufrechtgehern nicht im Besitz des Gewaltmonopols ist und ebenso von der momentan weitverbreiteten Rache – und Schuldzuweisungshysterie des Homo „in sehr kleinen Dosen“ sapiens allgemeinikus nicht viel hält, so befällt hin doch hin und wieder ein fürchterliches Hirnwüten und hellrote Nebelschwaden ziehen vor seinem inneren Auge vorbei und dann – Weia! – besteht die Gefahr des Monologisierens. Mal schaun wie lange der daran gewöhnte Lütten Stan in der Lage bleibt nicht einzugreifen. Wer sich selbst nicht schützt, dem muß man ab und zu den Regenschirm über den Kopp halten. Falls der Himmel auf ihn herabfalle.
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„Jetzt barmen sie wieder, die Aufrechtgeher: Stell Dir vor die Olympischen Spiele fallen aus! Otto Normalflieger muß am Boden bleiben! Kreuzfahrtschiffe werden nur noch als Isolationszentren genutzt! Der DAX hat den flotten Max! Auf dem Börsenparkett rutschen sie aus und liegen in Ihren eigenen übelriechenden Emanationen! Die Ultras müssen zu Hause bleiben, weil entweder ein undisziplinierter Orkan oder Anarchoviren Aufrechtgeheransammlungen per Dekret verunmöglichen! Leibesübungen nur noch vor leerem Rang oder in Reagenzgläsern! An den Grenzen muß man keine Mauern mehr hochziehen, da dem Leuchtkranzbakterium scheißegal ist, ob er eine rechte, eine linke, eine katholische oder islamische Lunge still legt! Der GROSSE Gleichmacher erfindet ganz nebenbei die ultimative Demokratie, gar ein Art von medizinischem Kommunismus? Welche böse Gottheit hat die Schnauze voll, entnervt von der ständigen Vergewaltigung der Mutter Erde, von den Vergeßlichkeiten und den nachträglichen Rechtfertigungen? Weißes Haus und Kreml endlich unter Quarantäne? Schaumgeborene Polterträume. Budnikowski, bremse er mich! Nein? Gut, so tue ich es selber. Die Natur in ihrem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf!“
„Hömma hier, wenn sogar schon der in Drachenblut gebadete Lewa sich anne bayrischen Haxen lädieren tut, dann iss alle Gewißheit am Dahinschmelzen wie’e Eisberge anne Polen!“
„Ja, so banal ist es wohl.“
„Drei Sekunden noch für Sie fürret Schlußwort!“
„Da wo man handeln könnte, schweigt man. Da wo man sein Schicksal in andere Hände legen sollte, wird hyperventiliert! Jetzt Sie, Meister Lampe!“
„Hömma hier, wenn dat perverse Euromeistergeldbeschaffungsdings in Sachen Pöhlerei in diesem Sommer innem Reagenzglas stattfinden tun täte, mir wäret Schalke wie Hertha!“
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Der Reim zum Tag / VI
Huch und hach und gestern schon
Wußt ich von der Sensation
Sah ich’s kommen liebes Kind
Wer was sehen will muß blind
Bleiben oder Worte drehen
Besser nicht in Spiegel sehen
Ängste züchten mit Gerüchten
Besser nicht
Scheißgedicht
Höher Schneller Weiter
Welt versenken heiter
Wissen oder nicht
Im Westen nichts Neu
Geschwollener Bizeps
Oder volle Hosen
Toi toi toi
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Vom Notwendigen und den Angeblichkeiten / 5

„Wert über Bord, Wert über Bord!“
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Und also stellte der Löffelträger Herr Kuno von und zu Budnikowski aka Lütten Stan dem bekennenden Kamschatkaner und Weggefährten Archibald Mahler aka Bär vom Brandplatz eine Frage an einem dieser häufigen Tage, da es vom Himmel herab grau und trostlos dräute, feucht, windig, die Stimmung herumkellerte, trotz allgemein verbreitetem Schimpansengrinsen und den Fensterredebedürfnissen.
…..
„Hier, Bär, watt iss uns über Bord gegangen?“
„Einiges!“
„Kriegt man datt noch aussem Wellental gezogen? Und wat iss mit unsere Fähigkeiten in Sachen Wiederbeatmung?“
„Gut, daß Sie keine Wiederbelebung einfordern. Da sähe ich dunkelgrau!“
„Isset so schlimm?“
„Schlimmer!“
„Iss dat getz Stimmungsabhängigkeitswut oder Ergebnis vonne gelassene Nachdenklichkeitsarbeiten?“
„Beides!“
„Hömma hier, kannet sein, dat man Ihnen heute die Wörters und Silben im Einzelnen ausse ehrenwerte Bärennase ziehen muß?“
„Eventuell gewiß!“
„Aber nich dat dat Virus Sie inne Mangel hat!“
„Bin ich Aufrechtgeher?“
„Na immerhin drei Worte und ein Satzzeichen, wat ich hören tun kann! Also, wat schwimmet da inne bewegte See und will sinken hinab?“
„Oho! Man lyriert!“
„Sach wat, Du Heiopei!“
„Die Solidärität! Die Empathie!“
„Aber getz sind doch die Aufrechtgeher auch gerne solidarisch auffe betroffenen Marktplätze! Selbst führende Bayern aus Franken!“
„Allen Göttern sei Dank und den aufwachenden Gehirnen vielleicht. Sonst: Schiller!“
„Hä?“
„Zurück, Du rettest den Freund nicht mehr!“
„Aber datt Gedicht tut doch gut ausgehen!“
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Für den Textunkundigen und die Lyrikfernen hier nur die letzten fünf Strophen der Bürgschaft:
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Der Reim zum Tag / V
»Zurück! du rettest den Freund nicht mehr,
So rette das eigene Leben!
Den Tod erleidet er eben.
Von Stunde zu Stunde gewartet’ er
Mit hoffender Seele der Wiederkehr,
Ihm konnte den mutigen Glauben
Der Hohn des Tyrannen nicht rauben.«
…
»Und ist es zu spät, und kann ich ihm nicht
Ein Retter willkommen erscheinen,
So soll mich der Tod ihm vereinen.
Des rühme der blutge Tyrann sich nicht,
Daß der Freund dem Freunde gebrochen die Pflicht,
Er schlachte der Opfer zweie
Und glaube an Liebe und Treue.«
…
Und die Sonne geht unter, da steht er am Tor
Und sieht das Kreuz schon erhöhet,
Das die Menge gaffend umstehet,
An dem Seile schon zieht man den Freund empor,
Da zertrennt er gewaltig den dichten Chor:
»Mich, Henker!« ruft er, »erwürget!
Da bin ich, für den er gebürget!«
…
Und Erstaunen ergreifet das Volk umher,
In den Armen liegen sich beide
Und weinen für Schmerzen und Freude.
Da sieht man kein Auge tränenleer,
Und zum Könige bringt man die Wundermär,
Der fühlt ein menschliches Rühren,
Läßt schnell vor den Thron sie führen.
…
Und blicket sie lange verwundert an.
Drauf spricht er: »Es ist euch gelungen,
Ihr habt das Herz mir bezwungen,
Und die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn,
So nehmet auch mich zum Genossen an,
Ich sei, gewährt mir die Bitte,
In eurem Bunde der Dritte.«
…..
„Soll ja das Lieblingsgedicht der Germanenchefin sein!“
„Wat heißt dat getz?“
„Der Hoffnungslosigkeit die Hoffnung vor die Füße pfeffern!“
„Dat iss aber anstrengend, woll!“
„So ist es!“
…..
Vom Notwendigen und den Angeblichkeiten / 4

Am Aschermittwoch sei alles vorbei singen so einige
…..
Mahler und Budnikowski hatten ein paar schlaflose Nächte hinter sich gebracht. Ohne Vorwort und nur um ein paar Fragen an die Aufrechtgeher zu hinterlassen:
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Der Reim zum Tag / IV
Wie soll man es tragen
Mit offenem Kragen
Es paddelt der Flüchtling durch finstere Nacht
Ein Mercedes, sprich Deutschland, in die Fassenacht kracht
Der Bürger der Mitte sich Abendbrot macht
Die Heizung sie blubbert
Ja iss schon halb acht
Klipp Klapp
Man blickt in die Kamera, in Gucci, betroffen
Wir sind doch die Guten
Und schon wieder ersoffen
Zweihundert im Meer
Wo im Sommer wir baden
Warum tut der Herr auf unsere Schulter dies laden
Klipp Klapp
Wir schalten nach Kölle
Und lauthals Hanau
In aller Freundschaft nach Cornwall
Der Mensch bleibt `ne Sau
Rinks oder Lechts ist so leicht zu verwechsern
Corona oder der Merz
Es ist Aschermittwoch
Wer spürt noch sein Herz
Das nicht wächsern
Und mit offenem Kragen
Stellt sich den Fragen
Wie soll man sich tragen
Vorwärts
Nicht nur nach hinten
Ohne die üblichen Finten
Am Aschermittwoch
Sei dann alles vorbei
Denkt man doch
Wer es glaubt
Wird selig
…..
Vom Notwendigen und den Angeblichkeiten / 3

Vom Anspruch auf das GROSSE Gelingen
…..
Wie ließ schon der z.Z. vernachlässigte Meister Bertolt Brecht einstens singen:
…..
Der Reim zum Tag / III
Ja, mach nur einen Plan!
Sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch ’nen zweiten Plan
Gehn tun sie beide nicht.
Denn für dieses Leben
Ist der Mensch nicht schlecht genug.
Doch sein höhres Streben
Ist ein schöner Zug.
Ja, renn nur nach dem Glück
Doch renne nicht zu sehr
Denn alle rennen nach dem Glück
Das Glück rennt hinterher.
Denn für dieses Leben
Ist der Mensch nicht anspruchslos genug.
Drum ist all sein Streben
Nur ein Selbstbetrug.
…..
Die Herren Mahler und Budnikowski, die endlich mal wieder den Griffel in die Pfoten genommen hatten, versprachen sich vor Tagen noch ins euphorische Antlitz hinein, das man nun dranbleibe, Tag für Tag. Und dann ist plötzlich Karneval, selbst hier in Mittelhessen, was ja so einiges relativiert. Nichtsdestotrotz hat – wir brauchen noch mehr Schuldige in diesen stürmischen Zeiten! – der uneinsichtigte ex – kölsche Feierbolzen Ernst Albert die zwei designierten Geschichtenerzähler auf die Gass’ gezerrt und ließ sie Kamelle und Strüßcher einsammeln. Und da sitzen sie nun mit viereckigem Kopp. Hören wir zu:
…..
„Mahler? Ein Helau?“
„Budnikowski? Vielleicht aber das Alaaf?“
„Geht auch ein Ho Narro?“
„Und wer soll das alles verzehren?“
„Ich habe keinen Magen mehr!“
…..
Plötzlich laute Gesänge aus der Küche. Ernst Albert erinnert sich offensichtlich an seine Kindheit. Weit vor BIG KÖLLE. Am alten See. Da grätscht man nicht rein, wenn man zwei Gramm Empathie sein eigen nennt und so beschließen Mahler und Budnikowski bis zum Aschermittwoch zu schweigen. Hören wir auch da mal rein:
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Narro, Narro, siebe siebe,
siebe Narre sind es gsi.
Ho Narro!
Hond de Mueter Kuechle gschtole,
gimmer au
Haberstrau
Suerkrut,
Füllt de Buebe d`Huut us
und de Mädle d`Mäge
und de alte Wieber Pelzkrago.
Ho Narro!
Narro, Narro, Giegeboge,
wa de seesch isch alls verloge!
Narro, Narro Lenzio!
…..
Vom Notwendigen und den Angeblichkeiten / 2

Der Anspruch auf das GROSSE Glück
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Reichtum. Endlich. Den Notwendigkeiten, die nichts anderes sind als in wohlfeile Textbausteine gekleidete Abhängigkeiten, so richtig vor den Koffer scheißen und ab dafür. Oder macht man sich mit kleinen Träumen selbst klein? Hören wir rein:
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„Hömma hier, Mahlerken, wo kommt die ganze Kohle her? Dat iss ein ansehnliches Sümmelein. Da könnten wir doch gepflecht den Klinsmän machen.“
„Na ja, lieber Rübenkopp Budni, erstens will ich nicht nach Kalifornien und zudem sollte man den – wie nannten Sie ihn gestern – Dickmann auch erstmal fragen, wegen Erlaubnis oder Finderlohn und so. Der hatte das Geld bis gestern unter seinem Fell durch die Welt getragen.“
„Sone Fellgeschöpf als Bank? Da iss ja schon der Gedanke daran vonne außerordentliche Schmerzlichkeit. Wie kommt die Ware da rein und wieder raus?“
„Messer, Schere, Nadel, Faden!“
„Und der sacht die ganze Zeit nüscht. Iss der noch in seine anästhesistische Phase? Sitzt da in seine Buddhahaftigkeit und die Kohle aus seine Innereien liecht uns vorre apathischen Nasen herum !“
„Vielleicht hatte er viele Talente!“
„Watt getz?“
„Mit Talenten hat man einst im fernen Ägypten den Bau der Pyramiden und ähnlicher Großbatzprojekte finanziert. Man studiere seinen Asterix.“
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(Aus „Asterix und Kleopatra“ für die weniger Sattelfesten:
Numerobis: “Vor allem gegen den Architekten Pyradonis, meinen Konkurrenten, der mir immer schaden will. Er hat viele Talente!”
Asterix: “Ist er begabt?”
Numerobis: “Nein, er ist reich. Er hat viele Talente Gold. Das ist die Währung, die bei uns gebräuchlich ist.”)
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„Ach so meinen Sie datt, Herr Schlaubär. Da iss sonne Art von Talentschrank im inneren Geweide angelecht und wennet, also dat Talent, anne frische Luft vonne Öffentlichkeit rausplatzen tut, verwandelt et sich in Penunze!“
„Schön wäre es ja. Aber außerdem weise ich darauf hin, da liegen seit bald zwanzig Jahren aus dem Verkehr gezogene Talente rum. Ich befürchte dererlei Talente erfahren heutzutage geringere Wertschätzung.“
„Iss gecheckt, lieber Archibald Mahler, Freund und Moraltankstelle, ich ahne in welche Richtung Ihre Gedankenspiele sich bewegen tun wollen. Et wird weggeschmissen, wo et angebracht wäre über dat Aufheben nachzusinnen.“
„Bingo Dingo. Oder zumindest mal über die mögliche Weiterverwertbarkeit, Reparaturmöglichkeiten und Ähnliches innehalten. Zurück in die Zukunft.“
„Der ‚DeLorean DMC-12’ iss also die Rettung?“
„Quatsch. Metapher. Nachsinnen.“
„Iss trotzdem eine geile Kiste!“
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Stille. Gedankenknirschen. Was tun mit dem ganzen Papier, auf welches Zahlen gedruckt wurde?
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„Hömma Mahler, auch wenn ich dem Erling gerne eine Kapelle errichten tun würde, ich war inne innere Nachdenkimmigration. Vielleicht ist et besser die Umwandlung vonnem Talent in Talente – ich sach mal – mit eine gewisse Tempolimit zu versehen!“
„Löffeldenker Budnikowski, herzlich willkommen im Kreis der Agnostiker. Kein Gott – so er denn existiert – läßt sich mit Zahlen bedrucken. Und knüllen auch noch so viele seiner Emanationen in meinen Taschen herum.“
„Als hätte sone Bärenviech aus Kamschatka Taschen inne nicht vorhandene Beinkleider.“
„So ist es. Dafür danke ich den GROSSEN BÄRENSCHÖPFER. Hätte ich Taschen im Fell, wäre ich ein Känguruh und letzten Monat verbrannt.“
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Der Reim zum Tag / II
Schneeglöckchen, weis’ Röckchen,
Erzähl Kindern vom Schnee
Von der Butter Discountflöckchen
Ins Billighaschee
Es kreuzen die Dampfer
Durch plastene See
Es brennen die Wälder
Verzichten? Ach nee!
Grün sind die Wiesen unter dem Ski
So viele Medaillen hatten wir nie
Erhöhe den Druck, explodierende Knie
Entmachteter Geist, er fragt nicht mal: wie?
Die Gletscher sie kalben tote Geburten
Der Wasserstand steigt, man sollte sich spurten
Doch wie es so ist seit ewiger Zeit
Es lebe die Bequemlichkeit
Dreimal eigener Arsch Alaaf!
Vom Notwendigen und den Angeblichkeiten / 1

Wie lange darf man eigentlich schlafen?
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So isses! Ja! So isses halt! Kann man nichts machen! Da beißt die Maus kein Faden ab. Da gibt es keine zwei Meinungen drüber! Hannemann, geh Du voran, Du hast die größeren Stiefel an. Wenn ich es nicht mache, macht es ein anderer. Erst kommt das Fressen, dann die Moral. Das Böse ist immer und überall! Daß es so kommt? Woher soll man das denn bitte wissen? Und gestorben werden muß!
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Gestorben werden muß. Die Frage aber: Haben die Herren Budnikowski aka Kuno alias Lütten Stan und Mahler aka Bär vom Brandplatz alias Archibaldus Erasmus von Mittelhessen den Erzähllöffel abgegeben? Ist man dahingegangen, wohin auch immer? Keine Lust mehr? The Big Lethargie hat die beiden Dudes in die Lahn gestreut? Sind sie im letzten Tropfen, der das legendäre Faß zum Überlaufen bringt, freudestrahlend ersoffen? Gar an Bitterkeit zerbröselt? Hören wir mal rein:
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„Hömma hier, Mahlerken. Ist dat getz Pottkasten, watt wir machen tun? Und warum sitzen wir anne oder auf eine Grabstätte? Isset Ende angesacht? Und wer iss dat dicke Teil mit Fell da anne rechte Bildrändern? Und Sie können mich mal, also Haaland nennen, woll!“
„Heiland? Heiland zack aber auch!“
„Nee, Haaland. Oder Erling inne alternaive Fersion!“
„Verehrtes Langohr, hat unsere längere Denkpause Sie in Verwirrung kompletter Natur gestürzt? Hat Ihnen der Erlkönig Leid angetan?“
„Ach ja, iss eine eventuelle Möglichkeit, dat et Virus wieder nach mich griff inne vernebelten Nacht, mon Bär!“
„Aber bitte nicht die Pöhlerei! Mein Gott! Der junge Hengst aus Norwegen ist drei Stockwerke hoch, zwei Etagen breit und hat den Motor eines Traktoren. So ziemlich genau der Gegenentwurf zu Ihro Filigranität, die ich übrigens sehr schätze, steht sie doch im Gegensatz zu Ihrer geistigen Wehrhaftigkeit.“
„Geistesbär, lasset et stecken mit die Komplimentiererei. Wat iss getz mit dem Fellklops an unsere rechte Seite?“
„Nun, so klar bin ich nach dem sehr langen Winterschlaf in der Bärenbirne auch noch nicht, aber kurz bevor ich in Ohnmacht fiel und mich der Komatosität hingab, meine ich mich zu erinnern, wir waren mit Meister Ernst Albert oben bei den Fischbrötchen, den Möwen und dem Wind!“
„Tun wir getz schon inne letzte Kiste liegen oder noch rumträumen tun?“
„Vom Rum träumen?“
„Gewiß nich vom Ruhm. Iss getz Frühlinks oder nich?“
„Wenn ich das wüßte, lieber Rammelkuno!“
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Soweit unser Pottkasten zum Lesen. Der Bär am rechten Rand schweigt. Er ist Geheimnisträger. Das ist ganz schön was wert. Und in dem Fall auch notwendig.
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Der Reim zum Tag / I
Es lag ein Strauß zu seinen Füßen
Der Besenstiel fuhr ihm ins Kreuz
Hob wer die Blumen auf und tat sie gießen
Mit Tränen grokodielig in sein Tempo: Großer SCHNEUZ
Es knirschen Scherben vom hektischen Getrappel fein zermahlen
Zerknüllte Rechnungen und keiner will bezahlen
Der Ball er liegt im Tor
Nicht schon wieder Weimar wie zuvor
Mit Blick nur in die eigne Unterhose
Kauft Persil
Und einen Schein für jedes Schwein
Wir werden alle unschuldig sein
…..