Fifty Ways to Leave Your Country / Rückseite

Montag, 23. Juli 2018 16:50

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It isch not over til its over!

Dieses Land mit der Seele suchend, es gelegentlich finden, falls die Seele nicht grad eben unter einem riesigen Haufen ungewaschener Belanglosigkeiten, Alltagsplackereien, Pflichten und schrecklich Schlichtem unauffindbar verborgen liegt. Man berichtet – dies sogar häufig – von Reisenden, welche nach ein oder etlichen Aufenthalten in diesem gesegneten (Ne!!!) Land sich in der Lage fühlten der zuvor arg ramponierten Seele wieder einen Ehrenplatz in der Erzählung ihrer selbst zu gewähren. Doch dies mag nicht immer und jedem gelingen. Gefahr in Verzuge lauert bei denen, welche im Ticken fremder Uhren, bei der Betrachtung fremder Ordnungsprinzipien und beim Kauen fremder Brote Panik befällt. Dürfen die das ohne daß ich ähem wir? Gerade der teutonische Aufrechtgeher – selbst wenn sein Erbgut schon längst nicht mehr einbahnfrei in Richtung deutschtugendlicher Abstammung zu entschlüsseln ist – neigt zu einer gewissen Anfälligkeit diese Angst betreffend. (Nun gut, nur wer hat, viel hat, weiß was es heißt dies viele zu verlieren!) Paart sich jedoch diese Grundnervosität mit alemannischer Besserwisserei und daran gekoppelten Ordnungswahn, isch es subber schnell over mit dem Spaß. So geschehen vor einigen Jahren als die Apolegeten einer gnadenlosen Austeritätspolitik das Land der Griechen mit Massenarbeitslosigkeit, wirtschaftlichen Niedergang, radikalen Rentenkürzugen und einem absurden Neuwahlkarussel beglückten. Klar ist allen, daß im Seelensuchland Hellas viel Scheiße gebaut wurde, brauch man nicht den Zeigefinger auszufahren. Jedoch setzt sich bei den damals Handelnden langsam die Erkenntnis durch, daß brutale und – auf die Formulierung besteht Archibald Mahler – aufrechtgeherverachtende Sparmaßnahmen ein Land nicht wieder auf die Beine bringt, zumal ein sogenanntes Land weder die Regierung, der Etat und die Nationalbank sind, sondern die darin wohnenden Aufrechtgeher (siehe oben) und ihre Lieder, Erzählungen, Bücher, Kochrezepte und überlebten Katastrophen.

Dies nur als ein knapper Abriß der noch lange nicht zu Ende angerissenen, assoziierten und angeleckten Gedanken unserer zwei Reisenden, welche denen in ihre Köppe fielen, da sie sich umdrehten, um diese zerfallende Fabrik, die hoch über einem der Strände in Kardamili thronte, zu erblicken und zu besuchen.

„Budnikowski, mir gefällt das!“

„Wie, Mahler? Das ist doch kaputt! Und wir kommen nicht rein!“

„Wir sind unwissende Betrachter. Reicht doch!“

„Das sieht aber nicht toll aus!“

„Ochi, der Anblick ist schmerzvoll. Aber ich halte es für angebracht eine offene Wunde, die Dokumente des Niedergangs, hinterlassene Ruinen lange und ohne Eile zu betrachten. Das schamhafte aka aggressive Verhüllen und Leugnen bringt eh nichts!“

„Aber das hier ist keine Katastrophia neueren Datums, oder?“

„Eher nicht! Als Romantiker vermute ich „The Full Katastrophy“! Im Nachbarort lebte der Zorbas. Und der Nikos, der von ihm berichtete!“

„Aber spielt diese Geschichte nicht auf Kreta?“

„Dichterische Freiheit braucht keine Gründe!“

„Mahler, was haben die hier früher produziert? Fischkonserven? Olivenöl? Marmelade? Lammkoteletts?“

„Mein Gott Budnikowski, habe ich einen Hunger!“

Und eben als die Gedanken der zwei Herren vom Hehren hinab in den Ranzen rutschten, zog ein gewaltiges Gewitter auf. Ursprünglich hätte es sich in diesen Tagen eher in Schweden austoben sollen, aber so wirr wie die Aufrechtgeher dieser Tage über ihren Planeten und den angeschlossenen Rasen stolpern, whatever. Mahler lobte trotz grummelnden Ranzens das Dramatische des Anblicks, Budnikowski jedoch mopperte und forderte die Nähe eines TV – Apparats. Alte Gewohnheit. Teutonenbeine und Bälle. Und – zack – fiel der Strom aus.

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Fifty Ways to Leave Your Country / Ein Anfang

Freitag, 20. Juli 2018 15:17

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Yassu! Ti kanis? Kala?

Dieser Moment des Ankommens, genauer des Angekommenseins, jetzt, hier. Man – oder besser – es erinnert sich. Diese Erinnerungen, welche auf und unter der Haut, der Netzhaut, der Hauthaut, der Herzhaut schliefen, ruhten, gelegentlich rumorten. Zwischenlager. Das Licht. Die Farben. Meer. Steine. Oleander. Opuntien. Die Gerüche. Die salzhaltige Brise. Salbei. Erhitzte Steine. Tamarisken. Das Ankommen scheint hier leichtzufallen. Es ist, als ob die dieser Gegend innewohnende und – davon später – auch in den Hirnen der meisten Anwohner tief verankerte Gastfreundschaft und Freundlichkeit (Was kommt von was?) den Reisenden beim Betreten des hellenischen Bodens sanft die Hand auf die Schulter legt. „Yassu! Ti kanis? Kala? Iss gut. Steig von Deinem hohen Heimatross herab. Sei nur da! Setz Dich! Üzelchen?” Und es geht so schnell. Jedesmal und wieder!

Die zwei Reisenden erinnern sich davon wissend und bleiben nichtsdestotrotz erstaunt ob der Tatsache, daß man am heimischen Haderherd davon träumte, doch die Erinnerung stellt sich heraus als kein Hirngespinst. Tiefe Ruhe fällt herab wie ein kräftiger Regen. Man mag nicht sprechen. Schwafeln. Guck und Sieh und Ach und Nee und wie toll aber auch!

Kurz nur angemerkt: wie sind die Herren Mahler und Budnikowski angereist? Landweg? Seeweg? Luftweg? Gedankenpfade? Was geschah auf ihrer Reise? Beginnt sie erst hier und jetzt? Sollte man sich umdrehen, Rückschau? Sein lassen? Wohin geht es? Nach vorn, nach hinten, oben, unten? Oder verharren die zwei Herren hier am jenem Strand ein Kilometerchen westlich von Kardamili, gelegen auf dem mittleren Finger des Peloponnes, südlich von Kalamata, hinter den Bergen des Taygetos, jenseits von Sparta und Lakonien und versuchen den eben so wonnigen Augenblick als Ewigkeit auszuhalten? Dann dreht sich der Mahler, Bär vom ohne ihn auskommen müssenden Brandplatz, um. Weia! Man entkommt ihr nicht der Welt. Gut so! (Dies bemerkte Budnikowski, der lütte Has`)

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Von Fiesen Männern ohne Bällchen + isch over

Mittwoch, 4. Juli 2018 15:18

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Wie nun gestern einige leitende Damen und Herren Angestellte dieses Landes – man mußte es leider so erwarten – beschlossen hatten den Mülleimer, welcher im wesentlichen sie zum Inhalt hat, nicht zu entleeren, sondern es sich wohldotiert und alternativlos darinnen weiterhin einzurichten und eventuelle Eindringlinge in Transitzentren oder in Watuniki einzulagern, legten sich die Pfoten des lieben Kuno von und zu Budnikowski, der für kurze Zeit in seine wichtigste Nebenpersönlichkeit der Welt aka Lütten Stan zurückgekehrt war, auf die Tastatur, als ihn mit elementarer Wucht Krämpfe, Würgereize, Bauchgrimmen und unter Flüchen und Tränen herausgeschleudertes Bereuen anfielen. Wie konnte er nur der Versuchung unterliegen in der Hochzeit germanisch zelebrierter Lächerlichkeit in den Pool eitler Selbstbespiegelung und Gescheithuberei zu springen und der Unzahl zeittötender Flatulenzen seine eigenen unmaßgeblichen Winde beizusteuern? Und da – singen wir das Lied der Freundschaft – spürte er den deftigen Hieb der Mahler’schen Pranke im zarten Kreuz.

„Freund Kuno, wenn ich heute so formlos Ihro Kummrigkeit ansprechen darf. Ihr Hadern und Wüten ist der edelsten Stimmung des Denkenden geschuldet, der enttäuschten Liebe. Seien Sie nachsichtig mit sich und all den anderen Hysterikern im Land der rudernden Arme.“

(Der Hase versucht zu antworten, man vernimmt lediglich Schniefen, Stammeln, Lallen, Flüche, namensfetzenhaltige Verwünschungen bis in die dritte Halbzeit hinein, Stöhnen, aber auch befreites Kichern. Und ein Lied. Dieses oder Jenes? Also schiebt Mahler den Häretiker der rollenden Kugeln zur Seite und übernimmt die Tastatur. Offensichtlich reimt der Bär.)


Die Pattexe

Oder

Ich lasse mich nicht von Einem entlassen, der nur wegen mir Einer ischt


Kleb Kleb nicht mehr Streb

Heb Heb nicht den Arsch

Fett Fett weiter Marsch

Rechts Recht immer ham’

Smile Smile ich bin geil

Grins Grins in die Lins’

Oben Oben weil ich bin’s

Ruder Ruder ohne Ruh’

Kratz Kratz Spiegeleier

Nix Nix koi Idee

Weia Weia Schwarzer Schnee

Feig Teich Helmut Kohl

ForeVer?

NeVer!

Lächerlich

(Und dann nimmt auch der Bär, vom tiefen inneren Erschrecken ob seiner vom ihm selbst verursachten Lächerlichkeit gepeinigt, die Tasten von der Tatzatur. Doch Rettung naht im Sauseschritt herbei. Der Ehrenwerte Musentempler Ernst Albert und die strahlende Eva Pelagia fordern die beiden Grübilanten auf mit ihnen in jenes Land zu reisen, welches leitende Damen und Herren aus dem Lande der Großkotze vor einigen Jahren im Mülleimer der Geschichte versenken wollten. Es ist ihnen fast gelungen. Fast! Aber nix isch over! Auf nach Hellas! Unten ein kleiner Blick voraus.)


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Von Fiesen Männern mit und ohne Bällchen Drei

Freitag, 29. Juni 2018 11:55

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Offener Brief an Matze Bienlein (Binnenverteidiger, Stoßstürmer, Pressesprecher, Chefkritiker un interne Übungsleiter vonne vonne WM – Befreiten)

Hömma hier Matze, Dein Lütten Stan iss an Dich am Anschreiben wegen die Reste vonne alte Verbindung zu legendären Zeiten in Sachen vadiente Maisterschaften schwatt – gelb. Also erstmal Glückwunsch fürre klare politische Haltung. Wo et mit die Aufarbeitung vonne bescheuerte Fototapete mit dem Kalif von Ankara nich so recht klappen tun wollte, aber getz hier: nach zwei Wochen ab inne Heimat und Meister Putin den demokratischen Stinkefinger zeigen? Respekt! Vorschlag: Kannse dann als neuer Yogi gleich den Scheichs mitteilen tun, dat Ihr in vier Jahren schön inne Heimat Weihnachten feiern tut. Kannse dann auch nicht gegen Andorra oder Liechtenstein rausfliegen tun.

Anne sportliche Leistung will ich getz nich weiter rummäkeln. Et gitt eben keine kleine Mannschaften mehr und also auch nich mehr die Großen Hosen. Weisse doch, Gavrinovic un so. Und der Dino un seine kaputte Uhr und der Pep auffe Insel un watt nich alles. Und getz iss mal endlich Hämepause in Richtung vonne Holländers und Inselbewohner un so. Schauße mal innen Spiegel rein, Schlandilein. Aber ein Vorschlag fürre mentale und innere Reinigung kannse – falls Ihr Euch noch wat zum Sagen habt – an Deine Zsemme – Titanicer weiterleiten tun. Vorre Schlüsse ziehen ersma ordentlich trauern tun. Also Kopfhörer auffe Nüschel drauf und Myrologia hören. Dabei könnt Ihr Euch anne Laterne vor Eure Urlaubshotels  lehnen und schauen, wie die Sonne wieder aufgehen wird, wenn et Ritual zu Ende gesungen iss. Und nich vergessen: kein Selfie dabei machen und dat auch noch posten, woll. Dann sind die Schmetterlinge des Glücks ganz schnell wieder wech. Und vor allem nich anne Leiche rumfummeln. Hin iss hin.

In Herzlichkeit grüßt Ihren alten Lütten Stan

PS: Kannse bitte – siehe unten – Dich und Deine Mitpöhler beie nächste Kampagne nicht mehr von Leni Riefenstahl porträtieren lassen. Und bei Eure tausendjährigen Frisuren würde ich dringenst fürre Änderung appellieren.

leni_die_rief

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Von Fiesen Männern mit und ohne Bällchen Zwei

Donnerstag, 28. Juni 2018 10:38

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Kurz bevor Herr Mahler gestern abend (vor Lachen?) vom Sofa fiel, konnten wir folgendes Geplänkel belauschen und stellen es hier unkommentiert  ins Netz.

„Budnikowski, da hat der Bello Rettich aber was Nettes gesagt!“

„Jau! Das ist keine Zeitlupe, sondern das Spiel!“

„Nimmt der Ötzi eigentlich noch regelmäßig seine Antidepressiva?“

„Freund Mahler, die Großkotze sollten alle mal Eierentschwellungspillen einnehmen, soviel Bedeutungshuberei und Selbstüberschätzung im Vorfeld läßt die Testikel schon mal zu ungeheurer Größe anschwellen. Das hindert dann gerne mal beim Rennen!“

„Und der Yogi Merkel, hat der verdickte Synapsen im Kopf? Der scheint das Denken komplett in der Duschkabine gelassen zu haben!“

„Nee, der übt wahrscheinlich wieder mentales übers Wasser laufen. Oder macht imaginäre Selfies. Achtung, der Kroos schießt. Ach du grüne Neune!“

„Genau! Neunter Stock!“

Und da begann der gesamte Leib des Bären zu beben und so fiel Mahler hinunter vom roten Sofa, fast wie ein Schmetterling. Morgen dazu mehr von den zwei Chefkritikern Matze Bienchen und Lütten Stan.

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Von Fiesen Männern mit und ohne Bällchen Eins

Freitag, 8. Juni 2018 14:26

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„Herr Budnikowski. Sie haben gebeten. Wo befinden wir uns?“

„Im Mülleimer der Geschichte!“

„Wer liegt da zwischen uns?“

„Ein fieser Mann!“

„Der sieht doch so nett aus!“

„Das sind die Schlimmsten!“

„Und wer von uns ist der Ösilanti?“

„Zu Günters Gans, Mahler und Laie, fehlt mir der amtliche Mantabalken unter der Nase!“

„Sie echauffieren sich ob der Pöhlerei in der Sprache der Dichter und Denker, jenseits aller regionaler Färbe!“

„Nun, da seit heute auch der Geheimrat auf Großbriefe geklebt werden kann. Ernst beiseite, ich rede von der selbstgerechten Abfeierei der Doppelmoral“

„Budnikowski, ziehen Sie den Stopfen, enthemmen Sie sich und fluten mich mit Ihrer Suada!“

„Der Monologe etliche, die nicht anderes besingen als enttäuschte Befremdung, liegen mir quer im Darmbereich verkeilt! Kurz und knapp: Kontoauszugschecker allenthalben und da sind die Unterschiede zwischen badischen Schalknotern und Rotzbremsenausstellern amtlich minimal. Oh Vaterland! Oh Vaterland! Geh mich fott! Wennet Pathos sich die Bundesbahn bricht.“

„Hallo! Rückfall!“

„Verzeihen Sie. Man ist nicht gefeit dagegen. Aber Entschuldigung und falls noch Platz auf Ihrer Zunge ist, bitte dortselbst langsam zergehen lassen: Best Never Rest!”

„Weia! Pervers?“

„Obszön!“

„Freuen Sie sich im Rahmen Ihrer alten Passion noch gelegentlich!“

„Gacinovic! Streich! Sergio Ramos! Kloppos Gebiß! Götze muß heiraten! Bleibt nicht viel!“

„Prognosen?“

„Ein rumpelndes Vorrundenaus wird lediglich Wunschtraum bleiben! Aber die Videobeweise, die uns aus den alten Moskauer KGB – Kellern ins internationale Haus stehen, das wird ein Spaß, den nur einer toppen wird!“

„Sagen Sie an!“

„Manuel Karius!”

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Anleihen. Ansinnen. Anleid(t)ungen. Ende?

Montag, 23. April 2018 10:47

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„two riders werde approaching and the wind began to howl!“

Obige Photographie wurde uns vor wenigen Tagen zugesandt. Es zeigt die zwei Reisenden in offensichtlicher Harmonie und von tiefer Ruhe umspielt auf einer Bank vor dem alten Gotteshaus auf der Insel der letzten Wochen und Monate. Wenig später – wir hatten berichtet – brach der Sturm der Uneinigkeit über die Beiden herein. Das vermeldeten uns unbekannte Informanten. Sagt man so.

Ein Schiff schaukelt auf hoher See. Hält Kurs. Welchen? Mit Wucht und allzu hysterisch willkommen geheißen vom Aufrechtgeher war in diesen Tagen ein Sommer – einer der vielen unentschiedenen – durch die Tür gestürmt, als könne das gehetzte Überspringen der Schwelle den Lenz obsolet machen. In den Zeiten, da das Warten und die Vorfreude aus dem Repertoire verbannt und durch vermeintliche Befriedigung und Lösung ad hoc ersetzt werden, kein Wunder. Hoch im Norden jedoch sammelten schon die zornigen Kohorten des Väterchen Frost die letzten Kaltluftblasen ein, um sie in den nächsten Tagen und Stunden gen Süden zu werfen. Das Schiff auf hoher See nun war gewappnet, die zwei Postboxen gut vertäut, der Kapitän weitgesegelt.

Doch wohin ging die neue Reise? Gut informierte Kreise vermuten das Eiland der Angel und Sachsen sei das Ziel, da noch eine alte Geschichte herumläge, die es zu Ende zu erzählen gilt und zudem müssten die zwei Reisenden mal – getrennt? – austreten. Doch wie eben angemerkt, all dies pure Spekulation.

Wir wollen sehen und uns solange gedulden. Zwei wilde Reiter tanzen auf dem Kamm einer anrauschenden Welle gigantischen Ausmaßes heran und ein stürmischer Wind beginnt zu heulen. Weia!

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(text / fotos: christian lugerth)

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Anleihen. Ansinnen. Anleid(t)ungen. Vierzehn.

Freitag, 13. April 2018 18:03

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„Indem ich Ihnen Nein sage, sage ich Ja zu mir!“

Es fährt ein Zug ins Irgendwo. Und: Es gibt keine Ablichtungen der zwei Reisenden heute. Dies hat nichts mit plötzlich aufgetauchter Kamerascheu der Beiden zu tun. Wir wissen schlichtweg nicht, wo sich die zwei Reisenden momentan befinden. Nachfragen bei Einheimischen bezüglich des gegenwärtigen Aufenthaltsort der zwei Reisenden hatten ergeben, daß die Gefährten nach Erklettern der Plattform eines der Inselbahnwaggons offensichtlich in einen heftigen Streit geraten waren. Einer der zwei Reisenden, vermutlich der Bär namens Mahler, stand der Sinn nach Bleiben, Budnikowski, wie wir den Hasen heißen, zog und zerrte Richtung eines Aufbruchs, wobei dieses auch nicht einfach so hier stehenbleiben kann in behaupteter Eindeutigkeit, ist Herr Mahler doch vom Glücke beseelt endlich die Bahn gefunden zu haben und eben deren Geleise führen geradewegs zum Hafenbahnhof der Insel und dort am Kai wartet das Postschiff auf ein Signal zur Abfahrt Richtung Festland, ein Signal vom Hasen namens Budnikowski herbeigesehnt wie ein nächstes Osterfest ohne Frost auf den Eiern, auch wenn dieser Vergleich hinkt wie er selbst, unser  Hase, welcher beim gehetzten Sprung auf die Plattform des hintersten, also letzten, bei der Rückfahrt jedoch ersten, Inselbahnwaggon sich das Knie verdrehte hatte und deshalb vor dem Inselhafen lieber den Inselarzt zu Gesicht bekommen hätte, damit dieser die einem Hasenherz innewohnenden Zweifel und Ängste hinsichtlich langwieriger Verletzungsauswirkungen zerstreuen möge, was wiederum den Bären aber in eine für diesen eher untypische Weißglut versetzte und so dem Hasen ein entnervendes Hin und Her vorwarf, ihn gar der Herumlaviererei zieh, nicht gerade von systematischer Machart, aber doch von chronischer Natur, was der Hase mit einem zornesroten „Und das aus Ihrem den Zweifel huldigenden Mund, Sie Heuchler!“ konterte. In der Folge flogen, wie vereinzelte Augen – und Ohrenzeugen es vermeldeten, zwischen den zwei Reisenden doch recht scharfe Pfeile der Entrüstung und gegenseitigen Beschuldigung hin und her. Auffallend bei der Wortwahl war, daß einiges aus Büchern und Artikeln zitiert schien, aus jenen Schriften eben, die man in den letzten Tagen und Wochen noch in trauter Austauschstimmung belesen, teils gar verschlungen hatte. Ein kenntnisreicher Beobachter wähnte sich in einem Musentempel in jene Tage kurz vor oder nach der Premiere versetzt, wenn – Laß die Hände des Auditorium schweigen, laß sie rasen! – aus enttäuschten Erwartungen Messer wachsen und sich mit den fiesen Säbeln der Gottergebenen und Zyniker funkenschlagende Duelle liefern. Also zitieren wir im folgenden frei nach nicht eindeutig verifizierbaren Berichten der einheimischen Lauscher und Späher, übernehmen aber keine Garantie für eine korrekte Zuordnung der Zitate. Welcher der zwei Reisenden dem anderen Reisenden was an den entflammten Kopf warf entzieht sich unserer Kenntnis und offen gesagt ist uns dies auch in Zeiten genereller Geschwätzigkeit nicht wichtig.

„Wenn man seine Wurzeln nicht losläßt, kommt man nie vom Fleck!“

„Haltloses Geseier! So versaubeutelt man lediglich seine eh schon verheerende Co2 – Bilanz! Bleibe zu Hause und wehre Dich redlich!“

„Ja, die liebe ich ganz besonders, die da auf ihren Hügeln sitzen und geifernd in Ebenen glotzen, wo die Schlachten geschlagen werden, den vom Sitzen wunden Arsch in ihren, die Welt draußen nicht einen Cent interessierenden, Anekdötchen und Fotoalben badend!“

„Spiegelfechter! Was Sie täglich an Geistesvermögen aus dem Fenster in Ihrem Kopf auf die Welt werfen, vermüllt mir das letzte Stück verbliebenen Seelenfriedensstrandabschnitt, mein Herr!“

„Hah! Andere im Gegenzug öffnen das Fenster lediglich um ihre verschnarchte Nachtluft in den Äther zu furzen! Ließe ich mein Kopffenster geschlossen, die wenig später erfolgende Detonation, Sie mögen dies nicht erleben auf Ihrem ewigen Sofa!“

„Ich bin kurz davor Sie zu bezichtigen an der Stelle Ihres Herzens scheppert ein Mülleimer!“

„Selbst wenn dies der Wahrheit entspräche, sie werden mich niemals Chips kauend am Ufer eines Eilands sitzen sehen!“

„Ihre Heimatverleugnung schreit zum Himmel! Beklagen Sie sich nicht über Nachtfröste und Eiszapfen an Ihrer Nase, Sie fliegender Holländer!“

„Ihr Heimatgefurze ist nichts anders als tiefsitzende Lieblosigkeit gegenüber der Welt, ein billiges Tattoo, ein Etikett auf einer Flasche Weisheitstropfen aus dem Schwätzerdiscount!!“

„Indem ich Ihnen NEIN sage, sage ich JA zu mir!“

Die Reste des uns übergebenen Protokolls, um genau zu sein die Überreste eines Gedächtnisprotokolls, weisen zu große Lücken, Rechtschreibfehler, Kritzeleien, verschmierte Korrekturen und dergleichen mehr auf, daß wir dies hier nicht öffentlich machen wollen, wobei uns nicht vollkommen klar ist, ob der Protokollant sich große Teile des oben Veröffentlichen nicht aus seinen offenbar belesenen, von Druckerschwärze starrenden Fingern gezogen hat und wem die Lektüre des Obigen nützen mag außer dem gefallsüchtigen Ego des anonymen Protokollanten – war es die Hafenpolizei, ein zufällig Vorbeiradelnder, ein ominöser DRITTER Reisender, eine Drohne oder ein Lachmöwe? – es sei dahingestellt. Gewiß ist, man beschloß die zwei Reisenden in getrennten Postboxen von der Insel reisen zu lassen.

Mögen die Götter der Reisenden  ihre Flügel und unzähligen Arme schützend über die zwei Gefährten halten! Von ihren neuen Zielen ist uns jedoch nichts bekannt.

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(text / fotos: christian lugerth)

Thema: Anregende Buchstaben, Ansinnungen 2018 | Kommentare deaktiviert

Anleihen. Ansinnen. Anleid(t)ungen. Dreizehn.

Montag, 9. April 2018 20:23

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„Und ich frog mi warum I no do bin!“

Prinzipiell sind glitzernde Gleise, die sich unbefahren und vielversprechend in eine verlassene Gegend legen, ein beruhigender Anblick, vorausgesetzt man möchte verweilen und legt keinen gesteigerten Wert auf Gesellschaft jeglicher Art, ist sich selbst genug und erwartet vom Draußen generell weniger Anregung denn Irritation, ja Störung. Beunruhigender trifft solcher Anblick denjenigen dem eine gewisse Unruhe innewohnt, entweder hervorgerufen durch Erwartungen, Hoffnungen aller Couleur und Provenienz oder durchaus nachvollziehbar ob lang getätigter und gewissenhaft einzuhaltender Verabredungen oder Versprechen. Die zwei Reisenden auf dem Andreaskreuz sind da ein wenig unschlüssig, ein jeder in sich und auch ein wenig über Kreuz liegen sie, wie man so sagt. Archibald Mahler verweilt noch im Zustand des Quartalsmisanthropie, während Kuno von und zu Budnikowski seine Fühler Richtung Lenz und Mitwesen ausstrecken mag.

„Nicht viel, was hier geschieht, mein lieber Budnikowski!“

„Mahler! Nennen wir es beim Wort! Nix, nix iss hier!“

„Nun gut: Ebbe, Flut, hell, dunkel, Sonne, Regen. Nichts buchstabiert sich anders meinem Dafürhalten nach.“

„Ja ja! Die Bewegung in sich, das große Weltatmen, das Gleichmaß, Bewegung im Stillstand. Mir aber ist nach profaner Abwechslung. Ich bin reif fürs Festland.

„Ja, aber man muß länger bleiben, wenn man verstehen will, gebe ich zu bedenken!“

„Das stimmt. Aber manches versteht man auch erst wenn man reist, nicht wenn man bleibt!“

„Kann sein, doch wer hört eben Ihr Rufen, wer leiht uns ein fahrplanmäßiges Ohr?“

„Mahler, Genosse, sie leiden unter einen fixen Idee! Sie haben sich in diese Inselbahn verguckt, aber mir schwant hier ist nichts von Gegenseitigkeit zu sehen!“

„Dies würde mich a) wundern, b) fundamental irritieren und c) ordentlich schmerzen!“

(im Flüsterton) Aufgemerkt! Lassen Sie uns das Verkehrsmittel wechseln!“

„Woher nehmen, wenn nicht stehlen, werter Hase?“

„Bär, sieht er dort den Aufrechtgeher aus dem Gebüsch sich stehlen, wo jener eben die Frühstückskanne Ostfriesentee abschlug? Sieht er welcher Ziel der Struller anstrebt?“

„Sie meinen?“

„Auf und hopp ins Körbchen, behende und leise. Wäre nicht das erste Mal, daß wir als Blinde Passagiere reisten!“

Ist der ständige Wind dem Wanderer schon ein Prüfstein, so singt die wahren Klagelieder der Radler, der ihm ausgesetzt. Tränenden Auges, fluchend und mit schmerzendem Oberschenkel rollte der uns unbekannte (na ja!) Chauffeur der zwei Gefährten zwischen Salzwiese und Düne dahin. Das Inseldorf nahte. Hinten im Korb frohlockte ein Bär, denn ein schriller Pfiff zerriß die Luft.

„Verdammt Mahler! Halten Sie an sich! Wir rollen eben so komfortabel!“

„Ha! Von wegen fixe Idee! Bei drei wird gesprungen und rauf auf die Plattform. Eins! Zwei! Drei!“

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(text / fotos: christian lugerth)

Thema: Ansinnungen 2018 | Kommentare deaktiviert

Anleihen. Ansinnen. Anleid(t)ungen. Zwölf.

Samstag, 7. April 2018 9:52

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„Fühl es vor! Du wirst gesunden: traue neuem Tagesblick!“

Die zwei Reisenden wollten also eine Insel verlassen. Nur wie? Die Suche nach einem Boot war nicht vom Glücksstern beschienen und eine Eisenbahn war nur zu hören, keine Lok aber in Sicht, lediglich Waggons auf einem Abstellgleis und leer in die Ferne ziehende Schienenstränge. Verwirrung wuchs und so die Zweifel, wobei hier einzuschieben wäre, was ist auch da Huhn und was das Ei! Verwirrter Zweifel oder zweifelnde Verwirrung. Gewiß nur war der unbedingt formulierte Willen der Gefährten eine Ortsveränderung anzustreben, die Reise fortzusetzen, zumal ihnen ein Weg zu Füßen lag, schnurgerade ausgerollt gen West. Vom Unvermeidlichen, Gnadenlosen, dem ständigen Wind dieses nicht enden wollenden Winters möge geschwiegen werden. Er weht stets von vorn, welche Richtung man auch einschlagen mag, der kalte Hund. Der Bär formuliert schweren Schritts, der Hase versucht sich am Moonwalk, pfeift und antwortet, wenn gefragt.

„Ich bin zugegebenermaßen etwas verwirrt, bester Budnikowski. Auf der alten Karte lag im Osten ein Bahnhof der Inselbahn, dort auf der sandigen Spitze, sie erinnern sich, wo wir unlängst die alten Pfähle entdeckten und rätselten.“

„Gewiß, Mahler. Aber wir laufen nach Westen, geradeaus, flott wie Otto, was Neues zu beginnen!“

„Man hört das Pfeifen, aber man sieht nichts!“

„Soll ich leiser?“

„Nein, nicht Sie. Die Bahn. Doch vielleicht pfiff all die Tage nur der Wind. In mir sprießen Zweifel wie Gänseblümchen. Der Sinn unseres Gehens, hier und heute?“

„Rumstehen, Bär, ist noch blöder. Selbst die Inseln wandern. Haben Sie doch gesagt!“

„Ich las davon. Im Westen greifen sich See und Sturm den Sand, toben, rauschen, blasen und laden ihre Fracht im Osten wieder ab. Und so wandert die Insel jeden Herbst und Winter ein kleines Stückchen Richtung Moskau. Im Frühjahr packt der einheimische Aufrechtgeher das kostbare S(tr)andgut fluchend auf Laster, fährt das Ganze wieder Richtung San Francisco und lädt es ab, auf daß die Strändkörbe nicht auf Schlick stehen müssen und der Rubel aka Dollar rolle.“

„Das Stetige, das Hin und Her, über das wir die Tage räsonierten, es färbt ab!“

„Wie bitte!“

„Naja, die Einheimischen machen einen auf Sysiphos und äffen die Natur nach!“

„Nur das ihre Chancen in diesem Wettbewerb als Sieger zu enden sehr geringe sind!“

„Wenigstens kommt nichts weg. Vom Sand, meine ich!“

„Das kapieren sie halt nicht. Das eben nichts wegkommt. Vom Abfall. Der Hybris. Aller Dummheit. Und dieses alte Hüpflied in Ihrem Schädel wohl auch!“

„Man kommt gut gelaunt galanter fortwärts! Stimmt doch, lieber Grummelbär!“

„Fortwärts! Schönes Wort. Glückwunsch, Meister Budnikowski! Glückwunsch. (Es wird weiterhin gepfiffen eine Weile. Dann plötzlich der Bär erfreut im Ausruf.) Da! Sehen Sie? Geleise! Ein Kreuz!“

„Rauf! Hoch! Spitzbubenleiter!“

Gesagt getan. Jetzt brummt der Bär. Etwas dissonant. Dann antwortet kein Zug.

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(text / fotos: christian lugerth)

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