Alles an was Du Dich erinnern kannst, erzählt Dir von dem, was Du nicht vergessen kannst!

kurz vor der ankunft_variante

(Der Lütte Stan ist abgespielt. Als Mime. Alle Konzentration widmet er nun seinem Job als Licht- und Tonmann. Man sieht es der Bühne an. Projektionen. Videos. Mucke. Atmo ohne Ende. Da das Publikum „Ahs“ und „Oohs“ von sich gibt, verzichtet Archibald Mahler, Regisseur und Protagonist, auf einen Protest – „Und wer guckt da eigentlich noch auf mich?“ – und beginnt seinen Monolog vor den Toren des Orakels.)

„Da sitzt des Bären bebende Hülle,

In seiner Pfote blühende Fülle.

Ist dies zum Eintritt die gültige Karte,

Wartet dort Antwort, die ich erwarte?

Bin ich es auch wirklich, der wohnt in meinem Fell?

Lang war der Weg vom Himmel zur Höll.

Falls es das ist, was hinter den Toren,

Es fragt mich – ich selbst? – was ich hier verloren?

Wie, was, warum und wann und woher?

Rasender Puls, Hirnschale leer.

Auf meinen Lippen, schwer wie Platten aus Blei,

Fragen, verschwommen, Erinnerungsbrei.

Der stinkt von Lügen, dies sei hier geschrieben,

Dies hat mir das Wasser ins Auge getrieben.

Es juckt und es zuckt mein einst abbes Bein,

Doch dies int’ressiert ganz sicher kein Schwein.

Klopf ich nun, schlag an die Tür meine Pfote,

Oder wart ich hier, bis mich ein aufrechter Bote

Hineinruft oder zum Beelzebub jagt?

Bekommt eine Antwort, wer gar nichts mehr fragt?

Die Rose sie welkt, ihre Blätter sie fallen,

Vor die geschlossene Tür. Sind das Schüsse, die knallen?

Warten aufs Warten. Umkehr verboten.

Noch einen Reim gesaugt aus den Pfoten.

Gedanken verworren, Schicht liegt auf Schicht.

Kommt denn nicht einmal ein Kern an das Licht?

Man sagt: Existieren sei Reise genug!

Laß die Wiese wild wachsen und spar Dir den Pflug.

Was war’s, was ich wollte, sag’s mir bitte noch mal?

Ist der Preis für Erlösung nur zusätzliche Qual?

Was war’s, was ich wollte, halt ich’s in meiner Hand?

Ist dies hier schon der Abgrund, oder doch nur sein Rand?

Was war’s, was ich wollte, liegt ich immer noch vorn?

Meine Rose ist blattlos, in der Pfote der Dorn!

Verflucht und verdammt und dreimal Aua gebrüllt.

Ich pfeif aufs Orakel, das sich ewig verhüllt.

Ich kehr Dir den Rücken und auch meinen….“

(Der Bär bemerkt, daß die Türe zum Orakel offensteht. Wie lange schon? Hat man seine Worte vernommen? Wird er eintreten? „Ich glaub jetzt hat er es verschissen, der Bär!“ Das hat einer der Raben gesagt.)

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Autor: Christian Lugerth
Datum: Dienstag, 31. August 2010 21:16
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