Blick zurück / Es geht voran / Ein Schrottplatz

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(Das ist dann schon alles aufregend. Immerhin ist Herr Ernst Albert richtiger Schauspieler und Regisseur, zwar nur in der tiefsten Provinz, aber – nun gut! Und jetzt steht er vor dem Bären, um zu gratulieren. Oder zu kritisieren? Aber als erstes überreicht Eva Pelagia, die teure Gefährtin, die Premierengeschenke. Karotten, noch mal Karotten, Honig, Löwenzahn und eingelegten Lachs. Opulent! Verlegenes Schweigen. Kritik bleibt aus. Lobendes Grinsen! Sehr schön! Ein Stück deutsche Theatergeschichte in den Sack gehauen. Gut so! Dann wird zum Aufbruch gemahnt. Es regnet. Der Bär und der Lütte Stan bitten darum, noch ein paar Minütchen nachzuspüren. Genehmigt.)

„Herr Mahler, wenn ich Sie was fragen dürfte! Oder Dich?“

„Bester Herr von Lippstadt-Budnikowski, bleiben wir beim Formalen! Doch fragen Sie!“

„Und jetzt?“

„Was?“

„Zufrieden?“

„Ich denke, das weiß man erst später!“

„Komisch, gell? Plötzlich ist es vorbei, wie an einem vorbeigerast. Und man war so aufgeregt und dann klappt es doch. Irgendwie!“

„Ja! Ein anderer Zustand. Aber sonst eben auch Arbeit!“

„Da sagen Sie was. Ich habe beinahe den Projektor kaputt gemacht und habe lauter blaue Flecken. Vom Stolpern!“

„Ich dachte schon vom Denken!“

„Müssen Sie eigentlich immer so garstig sein?“

„Bin ich das?“

„Passen Sie bloß auf, daß ich Sie nicht küsse!“

„Da seien alle Musen vor.“

„Ha! Reingefallen. War’n Witz. Äh, die eigentliche Frage!“

„Raus damit!“

„Sind Sie jetzt eigentlich kompletter?“

„Wieso?“

„Na ja, ‚ein Möchtegernheld zieht aus, verliert sich, findet das Unerwartete und kehrt zurück als kompletter Bär!’ So hieß es doch am Anfang!“

„Glauben Sie nicht jeden Quatsch! Wir sind losgelaufen und dann irgendwo angekommen!“

„Und jetzt!“

„Jetzt geht es weiter!“

„Einer biegt rechts ab, der andere links?“

„Einer biegt rechts ab, der andere links!“

„Man sieht sich!“

„Man sieht sich! Wir müssen! Die Aufrechtgeher werden ungeduldig!“

(Ernst Albert und Eva Pelagia bitten zum Aufbruch. Genehmigt. Zwei Fahrräder rollen durch den leichten Frühherbstregen vom Lausebacher See Richtung kleine häßliche Stadt. Die Arbeit wartet. Linker Hand die Lahn. Die Raben fliegen Eskorte. „Hey, Bär. War geil! Komm wieder!“ „Bring den kleenen Stan wieder mit. Cooler Typ!“ „Verkauft Ihr auch Abos?“ Das rufen sie der kleinen Reisegruppe hinterher. Geht doch! Dann, kurz vor der Stadt, rechter Hand ein Schrottplatz. Archibald Mahler bittet, man möge anhalten.)

„Entschuldigung? Könnt ihr mich hier rauslassen? Mir ist gerade noch etwas Wichtiges aufgefallen. Da muß ich drüber nachdenken. Bevor der Herbst kommt! Und dafür ist dieser Platz ideal! Ich komme nach!“

„Hömma Bär Mahler, ich tu Dich Dein Fensterbrett warmhalten. Und erkält Dich nich. Iss Herbst, iss kalt! Hat meine Omma immer gesacht! Hau rein, alte Knattercharge!“

„Bis die Tage!“

(Und Archibald Mahler, ab sofort wieder nachdenkender Privatbär, spürt in diesem Augenblick, daß die Einsamkeit durchaus ihre Vorteile haben kann. Gelegentlich!)

„Bis bald! Von einer neuen Baustelle!“ Sagt der Bär!

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Autor: Christian Lugerth
Datum: Montag, 6. September 2010 20:51
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