AUF MEINEM BALKON IN DER WIEHRE 05

wiehre07

„So früh, so wach schon, Herr Mahler?“

„Ach, so manches treibt mich um.“

„Teilen Sie sich mit, Bär!”

„Ich sorge mich, sorge mich um Sie. Die ganze Nacht, umweht von unruhigem Schlaf, beschäftigt mich das gestrige Ereignis. Und dann erwacht der Tag und ich sehe Sie jeden Morgen dieses Haus mit meinem Balkon verlassen, hinaustreten auf die Fahrbahnen und – schlimmer noch – die Gehsteige dieser Stadt und sehe Sie gejagt, gejagt von den Rittern der Selbstgerechtigkeit auf Ihren Drahtrössern, überholt, umrundet, an die Bordkante gedrängt, sehe es, wie unmöglich es ist für Sie und Ihre Mitgeher gedankenlos zu schlendern in den erwachenden Tag hinein, denn nein, immer den Kopf oben halten müssen Sie, es schwirrt und hummelt um Sie herum, klingellos, grinsend, distanzlos, blöde: die Befreier der Welt, die Pedalritter mit Mission, rettend eine Welt, von der sie zu glauben wissen, das Sie untergehen wird, wenn sie nicht unermüdlich die Pedale treten und jagen, jagen die letzten Fußgänger, ohne Angesicht Ihres Alters, ihrer Gebrechlichkeit oder ihrer Tagträumereien! Hugh!“

„Finden Sie nicht das Sie maßlos übertreiben, bester kleiner Freund!“

„Ich dachte, in dieser Stadt macht man das so!“

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Autor: Christian Lugerth
Datum: Donnerstag, 21. April 2011 8:05
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