DER HERBST IST EIN VERWIRRENDER GRABSTEIN, MEINT HERR MAHLER

herbst02

Und wie die Sonne strahlt nach kalter Nacht. Und so das Blattwerk allüberall. Der Frost hat nächtens die Feuchtigkeit in den Adern der Blätter gefrieren lassen, so müssen sie ablassen von der Photosynthese, ihr Rückgrat ist gebrochen, mit letzter Kraft hält sich das Blatt am Ast und leuchtet und spielt mit Farben und dem sinnenden Bären ist, als sei er Zeuge eines massenhaften Todeskampfes und es ist schön, es ist berauschend und es ist seine Lieblingszeit im Jahr. Gestorben wird, daß es nur so eine Pracht ist. Archibald Mahler denkt nach, muß nachdenken, weil er verwirrt ist. Fiele er jetzt vom Baume wie eines der trudelnden Blätter und folgte ihm in die ewigen Jagdgründe, was stünde auf seinem Grabstein? Konfusion? Konfusion! Verwirrung? Verwirrung! Ja, Verwirrung wäre seine Grabinschrift. Wie kann man sich nur so freuen am Dahinscheiden? Wie kann man nur das eigene Dahinscheiden so farbenfroh feiern? Weil man weiß, man kommt wieder? Weiß der Baum von dieser Tatsache? Das einzelne Blatt? Im Flug? Beim Trudeln? So wird es wohl sein. Und da fällt dem Mahler ein, was wohl der Grund seiner Winterschlaferei sein könnte. Er will den leeren Ast einfach nicht sehen, den kahlen Baum, der in die schneegeschwängerte Luft ragt und friert und frieren läßt das empfindsame Herz des Bären vom Brandplatz. Und auch weil er nicht öffentlich weinen mag ob der gräuslichen Entstellung der Wälder, verkriecht er sich in einer Höhle und schläft seinen Kummer einfach weg. Genau! Und kommt wieder! Und der Hunger, der gute alte Herbsthunger, der kommt auch wieder. In Archibald Mahlers Gedärmen rumpelt es. Doch der warme Pöter hängt faul im Baum. Bei zweistelligen Temperaturen sich Winterspeck anfressen? Zu anstrengend. Aber? Ja, natürlich ein Aber. Aber auch das andere Aber! Mal schauen, wer gewinnt! In des Bären Inneren liefern sich Faulheit und Pelz auf der einen, Pflicht und Magen auf der anderen Seite, ein intensives Gefecht. Lassen wir die Äpfel und die Nüsse noch ein wenig reifen. Keine Bewegung im Baum. Sogar der Wind schläft heute.

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Autor: Christian Lugerth
Datum: Montag, 24. Oktober 2011 11:00
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