Beiträge vom 3. April 2010

Archibald folgt der Stimme des Herrn und Eva Pelagia beendet den Spuk

Samstag, 3. April 2010 17:37

osternArchibald machte sich auf in die Richtung, aus welcher er die Stimme seines Herrn vernommen hatte. Er kam an einen kleinen Platz, an der drei mit Kaufbuden gesäumte Straßen zusammenliefen. Und der Platz war wüst und leer. Bis auf sechs große Betonkugeln, welche die Baumeister der kleinen häßlichen Stadt dort haben liegen lassen. Vor wenigen Wochen hatten sie den Bodenbelag des Plätzchens erneuern lassen und seitdem sahen die grauen Kugeln noch trostloser aus. Doch wie schon erwähnt legen die Einwohner der kleinen häßlichen Stadt und ihre Oberbaumeister in Sachen Negativästhetik gerne noch mal eine ordentliche Schippe drauf. Aber vielleicht sind es auch die Eier von längst verstorbenen Sauropoden und man wartet nur darauf, daß irgendwann kleine Alberto-, Tyranno- oder Guidosauren ausschlüpfen.

Ernst Albert stand im Hasenkostüm auf dem größten der Sauropodeneier. Und er sprach: „Liebe Bewohner und Bewohnerinnen von You Turbi et You Torbi! Wirtschaftsstudien zeigen in diesen Tagen, daß die Mittelschicht in Deutschland schrumpft. Seitdem die FDP auf Bundesebene nicht mehr regiert, wird die Mittelschicht dünner und die Schichten oben und unten werden breiter. Wohlsein!“ Eigentlich wollte Archibald Mahler, Bär vom Brandplatz, der Stimme seines Herrn lauschen, doch er wurde abgelenkt, denn er erblickte hinter der Scheibe einer Kaufbude gar Seltsames. „Die Osterbärchen sind da!“, stand dort und neben dem Schriftzug saßen und grinsten debil kleine aus Gummi geformte Bärenviecher. Und sie hatten lange ganz und gar unbärige Schlabberohren! Wie Ernst Albert respektive sein Kostüm. Was war das denn? Eine Mutation? Das Ergebnis eines bösartigen Laborversuches perverser Aufrechtgeher? Archibald dachte nach. Ernst Albert sprach. Eva Pelagia kaufte ein.

Dann ging alles recht schnell. Es begann zu regnen, Eva Pelagia bog um die Ecke, die drei Männer in den blauen Anzügen mit den gelben Krawatten, die dem Geschehen in sicherer Entfernung beigewohnt hatten, stürzten aus ihren Verstecken, fingen an zu schreien und zerrten ans Ernst Alberts rechtem Bein, Eva Pelagia wurde ungewohnt laut und haute einem der Anzugmänner einen Bund Lauch um die Ohren, der Wind raffte sich zu Orkanstärke auf, Ernst Albert zuckte mit den Schultern und stieg von seiner Kugel, Archibald kratzte sich am Hintern und begann zu frösteln, ein Graupelschauer überfiel die kleine häßliche Stadt und eine Minute später war der Platz mit den Kugeln wieder wüst und leer, als wäre nichts geschehen.

Klären wir die Geschichte auf. Am 1. April 2010 hatten die gegenwärtigen Regierungssesselverwalter das 1. Anti-Dekadenz-Gesetz (ADG) mit einfacher Mehrheit beschlossen und auch gleich ratifiziert. Ernst Albert, zur Zeit untätiger Musentempelarbeiter war einer der Ersten, an dem das neue Gesetz Anwendung finden sollte. Und so wurde er von den „Freiwilligen Frührömern“, einer neu ins Leben gerufenen Patrouille der Regierungssimulanten, zu Hause abgeholt, dem aktuellen Festtag entsprechend kostümiert und seiner gerechten Strafe zugeführt. Er wurde „gebeten“ eine der legendären Reden des Großen Vorsitzenden Guidosaurus Rex zu rezitieren – denn dies war für die kleine häßliche Stadt (KHS) als zentrales Züchtigungswerkzeug vorgesehen – und zwar hoch oben auf dem Kugelbrunnen. Was Ernst Albert auch artig tat, bis die Freiwilligen Frührömer (FF) bemerkten, daß das Redemanuskript leider vom vorletzten Osterfest datierte. Als die FF dann Ernst Albert vom seinem eiförmigen Rednerpult herabziehen wollten, vermutete die um die Ecke biegende Eva Pelagia einen unziemlichen Angriff auf ihren Liebsten und griff ein, kurz und knapp. Die FF schlich von dannen – “Huch, mein Anzug wird feucht!” – und Eva Pelagia packte Ernst Albert und den in nächster Nähe des Tatortes durchnäßt zitternden Archibald. Und mit den beherzten Worten: „Jeder Alptraum muß mal ein Ende haben, meine Herren!“, ging es nach Hause. Denn nichts ist so ungenießbar wie die dicken Eier vom vorletzten Ostern. (Liebe Anklicker! Beachten Sie die Flagge im linken Fenster. Frohe Ostern vom Setzer!)

Und so ging es dann weiter: Eva Pelagia buk Teighasen Nummer zwo, da Nummer eins seine Ohren verloren hatte, Ernst Albert fluchte über die Speerspitze der deutschen Kugeltretkunst und Archibald versuchte zu begreifen, warum die Aufrechtgeher kleinen Gummibären Hasenohren an den Kopf kleben. Aber es war schön warm in der Höhle.

Thema: De re publica | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth