Beiträge vom 12. April 2010

Andere Fenster, andere Sichten

Montag, 12. April 2010 7:08

ebnetMan kommt an. Irgendwann kommt man irgendwo an, irgendwie. Ob man da auch immer hin wollte? Was sprechen die Götter? Fragen liegen gerne mal im Raume rum, wie unbeantwortete Staubflocken unterm Bett des Lebens. Fahrscheine werden erworben, ausgedruckt, entwertet, man fährt los  und dann steigt man aus. Und ist angekommen. Vorerst.
„Zwischenstopp!“, hatte Ernst Albert gesagt. „Ich bin gleich wieder da. Muß mich um die richtige Höhle kümmern. Bis denne.“
Schon Klasse, diese Aufrechtgeher. Erst verschleppen sie einen, dann, am Ziel angekommen, kündigen sie die Gemeinsamkeit auf und so sitzt man rum als Archibald Mahler, Bär vom Brandplatz, und ist allein in Ebnet. (Wo liegt das denn bitte? Freundlichst: der Setzer.) Aber fast jeder Raum hat ein Fenster, das gilt es zu nutzen und das tat er nun der Archibald und schaute Welt im Süden. Er sah eine Kastanie, die versuchte gegen die immer noch zu kalte Luft anzublühen, er hörte einen kleinen Fluß durch das Tal rauschen, er roch den Bärlauch, der aus der Erde schoß und drüben, auf der anderen Seite des Tales, sah er Berge, dicht bewaldete Berge, schwarze Berge. Und er dachte, daß dies doch bestimmt eine gute Gegend für ein angenehmes Bärenleben sei, diese schwarzen Wälder auf den Bergen da drüben. Er konnte natürlich nicht wissen, daß der letzte Bär im diesem schwarzem Wald vor etwa 400 Jahren von einem Mönch erlegt wurde und daß heute die Zweibeiner ihr schlechtes Gewissen damit beruhigen, indem sie jeden zweiten Gasthof in dieser Gegend „Zum Bären“ nennen. Nein, Archibald mochte das, was er sah und wenn unten vor dem Fenster einer der lokalen Zweibeiner vorbeiging und in dieser seltsamen Diktion sprach, dann hörte der Mittelhesse im Bären A. M. einfach weg. Außerdem knurrte sein Magen. Und immer, wenn sein Magen knurrte, neigte er dazu eine Vision zu haben. Heute mal diese.
Ernst Albert kehrte zurück in das Zimmer namens Zwischenstopp. Er war – um einen mittelhessischen Ausdruck in den Süden zu exportieren – überzwerch. Er hatte – Von wegen neue Höhle klarmachen! – in einer Kneipe Kugeltretkunst auf öffentlichen Bildapparaten geschaut, dabei aus Jux und Tollerei und alter Verbundenheit mit seinem Kommunikationsstäbchen einen Funkkurzbrief an seinen Bruder geschrieben und zehn Minuten stand selbiger im Lokal. Baff beide! Wege, die sich kreuzen. Der Bruder, der in einer anderen Stadt des Südens wohnt, hatte in der Nähe zu tun. Ernst Albert hatte dies nicht gewußt und umgekehrt. Ein Zufall, wenn der Radfahrer? Valentinstag war doch schon gewesen. Archibald lauschte der Erzählung und dachte darüber nach, ob dies wohl etwas mit der sogenannten „alten Heimat“ zu tun habe, wenn die anoperierten Beine etwas weniger jucken, weil man sich im Kreis dreht und sich nicht darüber aufregt. Dann begann es zu hageln. Frechheit!

Thema: Im Heckerland | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth