DAS DORF, DAS DORF, DIE ERDE, DIE ERDE UND DER SELBSTMORD DES ASTRONAUTEN *
Eine pralle Frühlingssonne hat den Vollmond vom Himmel gefegt und über dem kleinen Teich unten im Steinbruch über Dorlar beziehungsweise über Archibald Mahlers Kopf – was im Prinzip dasselbe ist – schwebt eine Überschrift*, eine Überschrift*, wie sie der Herr Denkbär gerne einmal in seinem Leben selber ersonnen hätte. Andererseits möchte man ja nicht mit einem durchgeknallten Turbanträger, der auf der anderen Seite des Mare mediterranum in einem Wüstenzelt sitzt und dem jetzt seine ehemals besten Freunde von der anderen Seite des Mittelmeeres Granaten vor die Füße schmeißen, nachdem er wiederum seinen ehemals besten Freunden, dem ihm angeblich die Füße küssenden Volk, ähnliches pyrotechnisches Material vor den Latz und auf die baufälligen Hütten geknallt hatte, in einen literarischen Topf geschmissen werden. Da unterscheidet sich der Blogbär kaum von den Herren und Damen Entscheidungsschiebern: erst den Wind abwarten und dann das Fähnlein hochgereckt. Man hat da ja nun mal keine Wahl oder wahlweise zu viele. Wahlen eben. Kann andererseits aber in die schon volle Hose gehen, das mit dem sich winden. „Mer hotts it leicht, aber leicht hotts ein!“, sagen die südbadischen Aufrechtgeher mit Recht. Über Japan drehen die Winde. Oder auch nicht.
Was gewiß ist, weil es heute offiziell verlautbart wurde: Herr Iwan Heribert Wintersen hat heute seinen Rücktritt erklärt. Und da er nie ein Interesse an einer akademischen Karriere hatte, darf er auch im Dezember wieder in den Ring zurückkehren. Wobei sich niemand allzu sicher sein sollte, ob der Herr von und zu Frost und Glatteisen in den nächsten Wochen dem Genossen Lenz nicht doch noch den ein oder anderen gelbwürdigen Tritt ans Schienbein verpassen wird. Und da wir gerade dabei sind: wenn einer den Lederball mit voller Wucht vor die Männlichkeit bekommen hat und sich deshalb in völliger Umnachtung über den Pöhlerrasen wälzt, sollten die konkurrierenden Spielgefährten ein Päusken einlegen, wegen Fairplay und so. Da gitt et kein Vertun! Hömma, darüber darf sich hier vor Ort bald wieder der glorreiche Lütte Stan aufregen tun. „Wo waren wir stehengeblieben?“ Archibald Mahler atmet ein und aus, die Oberfläche des kleinen Teichs unten im Steinbruch über Dorlar funkelt ihm entgegen und er begreift zum ersten Mal, was es heißt sich in einem Steinbruch niedergelassen zu haben. Was da so alles rumliegt! Potzrembel die Waldfee aber auch! Welcher Stein auf welchen nun gehöre? Bis der Kölner Dom der geworden war, der er heute ist, sollen ja bald tausend Jahre ins Land gezogen sein. „Viel Spaß, Freund Archibald.“ Beinahe hätte der Bär einen Mittelfinger in die herrlich milde Lenzluft gereckt. Aber er hat keinen. Peching!
Deshalb denkt er über diese Überschrift* nach. Wie so alles anfängt, nicht aufhört, sondern weitergeht. Und daß da unten im Teich kein Ungeheuer vom Loch Dorlar lauert, sondern nur Wasser. Und Gedankenblasen und Wünsche und Träume und Echos und Nichts und dann wieder ganz viel: Wasser. Und wie man sich wünscht, der Sturm möge in dieses ruhige Wasser fahren. Und wie man es genießt, wie das Wasser stille vor sich hin liegt. Und wie das so ist! Und über Ikarus und Dädalus nachsinnt und darüber was man alles noch bedenken kann. Von wegen Flugverboten. Und Tieffliegern. Und was man erst alles sein lassen kann! Weia! Puuh! Bär! Da hallt der Sound klatschender Hände von den Wänden des Steinbruches hinüber. Mister Green, unser kleiner Gast aus Caledonia, mahnt zur Rückkehr zum Wesentlichen. Vor drei Monaten die Wintersonnenwende. In drei Monaten die Sommersonnenwende. Halbzeit also. „Zeit zu nehmen eine Tasse mit heißem Wasser und etwas Kräutern, ist es nicht! Und zu läuten die Glocken! Glück auf, Herr Lenz, wie ich bemerken möchte!“ Herr Mahler schließt sich selbstredend den guten Wünschen an.