DAS NAHE HEMD UND DER FERNE ROCK

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Heute spürt der nachsinnende Bär einen Hauch von Mitleid in sich wachsen. Mitleid mit dem Gemeinen Aufrechtgeher. Warum? Der hat kein Fell, der hat nur seine Haut. Und diese Haut ist verdammt dünn. Und je weißer und reicher diese Haut, um so dünner umspannt sie die Innereien. Da friert es sich leicht. Da wird gebibbert. Kälte. Angst. Langeweile. Da muß ein Hemd her. Eine Jacke. Ein Mantel. Einer? Viele, viele und noch viel mehr. Farben. Stoffe. Für morgens. Für abends und nur für den Schrank. Fürs eigene und das fremde Auge. Das Fell eines Bären reicht ein langes Leben lang. Wenn ein Artgenosse sich in seinem Fell verbeißt: ein paar Narben, der Rest wächst nach. Eine Farbe. Eine Farbe nur ein langes Leben lang. Dafür ist man Bär. Hat man jemals einen Bären gesehen, der sich Strähnchen? Also bitte! Das denkt der Bär. Aufrechtgeher, hat der Bär aufgeschnappt, behaupten nun aber, daß das Hemd ihnen näher sei als der Rock. Jener Rock womit man früher das bezeichnete, was heute eine Jacke oder eine Art Mantel wäre. Das irritiert den Bären. Ein Hemd wärmt mehr als ein Rock, in welchem sogar manchmal das Fell eines Bären verarbeitet wurde? Seltsame Zweibeinerlogik. Aber warum dann der Gedanke? Der Bär kratzt sich den Pöter. Ah! Fell! Sehr gut! Zwar schon ein wenig fadenscheinig vom vielen Sitzen auf Felsblöcken, Pollern, Baumstämmen und Stegen. Aber wo es sich gut denkt, muß der Arsch dran glauben. Oder so ähnlich. Weiterdenken! Vielleicht ist das so: Nur mit dem Hemd auf der Haut ist dem Aufrechtgeher meist kalt. Aber ein Hemd kostet nicht soviel wie ein Rock. Und irgendwo in der Ferne machen sie Röcke, viele Röcke, bunte Röcke, billige Röcke. Röcke, die billig sind, obwohl in ihnen manchmal das Fell eines Bären verarbeitet wurde. Und so etwas würde ein Aufrechtgeher mit weißer und reicher Haut niemals tun. Ist der süüüß! Nun gut, wenn da irgendwo in der Ferne jemand auf die Idee kommt und wir gerade frieren. So weit, so Knut! Die ideale weiße Weste! Und man auch noch ein bißchen Strom braucht? In der Ferne wird so manches gut, was einen zu Hause in Angst und Schrecken versetzt. Seltsame Aufrechtgehergeschäfte. Was man so denkt, wenn die Sonne scheint. Aber schön ist es hier. Grüner wird es, von Tag zu Tag. Machen wir eine kleines Denkmoratorium. Auf dem Hügel, den wir bewohnen. Denkt sich der Bär. Und dann fällt dem Bären dies ein:

Meine Haut. Meine!

Ich verkaufe die Wolle.

Nimm! Bezahle! Geh!


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Autor: Christian Lugerth
Datum: Donnerstag, 7. April 2011 14:56
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